Streiflichter zur Mediation als alternatives Konfliktlösungsmodell im Allgemeinen, zur Ausbildung im Besonderen und weitere Nebensächlichkeiten

Montag, November 27, 2006

Mediation am Gericht - Intern, Nah oder Integriert?

Nachdem ich die Meinungen und Veröffentlichungen zu Gerichtsverfahren, die mit dem Gericht in Verbindung gebracht werden, überflogen habe, drängt es mich zu folgender These zur Unterscheidung hinsichtlich der mediierenden Personen: Gerichtsinterne bzw. -integrierte Mediation ist jenes Mediationsverfahren, das durch Richtermediatoren durchgeführt wird. Bei der gerichtsnahen Mediation führen nichtrichterliche - üblicherweise anwaltliche - Mediatoren die Mediation durch.

Freilich ist diese Unterteilung nicht Bestandteil der allgemeinen Auffassung. So schreibt u.a. Haunhorst unter dem Titel "Gerichtsnahe Mediation" über richterliche Mediation ( Sabine Haunhorst,Gerichtsnahe Mediation im finanzgerichtlichen Verfahren - Chance oder Schnickschnack?" DStZ 2004 Heft 24, 868 - 873), Althammer bezeichnet in seinem Beitrag über die Mediation als prozessuale Last richterliche Mediation als gerichtsnahe Mediation (Mediation als prozessuale Last" von WissAss. Dr. Christoph Althammer, in: JZ 2006 Heft 2, 69 - 76). Gleichwohl gehe davon aus, dass eine solche Vermischung der Begriffe der Tatsache geschuldet war, dass es bislang zur richterlichen Mediation keine Alternative an Mediationsverfahren gab, die durch das Gericht initiiert wurden.

Gerichtsinterne Mediation ist vielfach schon erfolgreich erprobt worden und findet an sehr vielen Gerichten Deutschlands Anwendung. Die gerichtsnahe Mediation (im hier vertretenen Sinne) hat dagegen noch keine weitere Verbreitung gefunden. Ein erstes umfassendes Modellprojekt startet mit Beginn des Jahres 2007 am Land- und Oberlandesgericht Köln. Darüber habe ich hier und hier schon berichtet.

Die Unterscheidung zwischen gerichtsinterner und gerichtsnaher Mediation hat weitreichende Bedeutung und vielfältige Funktionen. Hier nur einige kleine Auszüge:

Ein Parteivertreter kann nicht zugleich Anwaltsmediator sein. Das OLG Braunschweig hat mit Beschluss vom 7.11.2006 - 2 W 155/06 - bestimmt, dass der Anwalt, der seinen Mandanten nach dem Gerichtsprozess auch im Mediationsverfahren begleitet damit nicht als neutraler Anwaltsmediator iSv. § 34 Abs. 1 S. 1 RVG tätig ist, weil er seinen Mandanten weiterhin parteilich berät.

Prozesskostenhilfe greift nicht im gerichtsnahe Mediationsverfahren, auch wenn der Partei für das vorhergehende gerichtliche Verfahren Prozesskostenhilfe gewährt und die Durchführung des Mediationsverfahren durch das Gericht angeregt wurde. Beschluss des OlG Dresden vom 9.10.2006 - 20 WF 739/06 (LexisNexis:LNRO 2006, 25364). Schon Henssler/Koch forderten die gesetzliche Einführung einer Mediationskostenhilfe (Henssler/Koch, Das Mediationsmandat - Rechtliche Rahmenbedingungen, ZAP Fach 23, 525 (535) mit Verweis auf ausländische Rechtsordnungen (Kilian FamRZ 2000, 1006 ff.).

Prütting diskutiert in ZKM 2006, 100ff. die Änderungen gesetzlicher Rahmenbedingungen für den Einsatz von Mediationsverfahren in der Gerichtsbarkeit und hält eine verfahrensrechtliche Stärkung der mediativen Verfahren in den Prozessordnungen für erforderlich.


In diesem Zusammenhang stellt sich m.E. auch noch die grundsätzliche Frage der (verfassungs-)rechtlichen Zulässigkeit richterlicher (also gerichtsinterner) Mediationsverfahren. Hierzu sei nur verwiesen auf den Beschluss des LSG Niedersachsen vom 16.4.2004 - L 9 B 12/04 U (ZKM 2005, 139). Dort hatte sich ein mit dem Verfahrensgegenstand als Richtermediator vorbefasster Richter für befangen erklärt und selbst abgelehnt. Diese Selbstablehnung wurde als unbegründet zurückgewiesen, weil der Mediator ähnlich wie der Richter neutral sei und die Vorbefassung damit nicht im Widerspruch zur Ausübung des Richteramts stünde. M.E. liegt hier ein grundsätzliches Missverständnis der Funktion des Mediators als neutraler Dritter vor. Neutral in Bezug auf das Mediationsverfahren bedeutet für den Mediator ALLparteilichkeit - im Unterschied zur Funktion des Richters als UNparteilicher im Gerichtsverfahren. Koch untersucht in seinem Beitrag
"Gerichtliche Mediation - gerichtsverfassungs- und verfahrensrechtliche Rahmenbedingungen" von Prof. Dr. Harald Koch, original erschienen in: NJ 2005 Heft 3, 97 - 103) die Vereinbarkeit der mediativen Tätigkeit mit den Richteraufgaben und hat keine Einwände gegen Richtermediatoren.

Labels: